like me
Zeitgenössische Gesten und Formeln des Sich-Zeigens stehen im Zentrum der Abschlussarbit like me von Olga Holzschuh. Die Künstlerin analysierte die Formsprache der Repräsentation von Frauen und Weiblichkeit in sozialen Netzwerken. like me ist Ergebnis und Zwischenstand dieser Feldforschung und stellt in abstrahierter Form eine Grammatik der Selbstinszenierung zur Verfügung. Die Künstlerin zeigt vier Fotografien von vier in verrenkte Posen gedrehte Körper, von denen nichts mehr sichtbar ist außer einem Arm, der ein nicht vorhandenes Handy in Position hält, um ein Selfie zu schießen. Der Arm, der nur noch die Funktion eines Stativs einnimmt, wirkt in diesem Szenario wie eine Prothese, eine künstliche Verlängerung des Körpers. Der restliche Teil des Körpers ist mit elastischem Stoff überzogen, der ihm eine Art entmenschlichte Flächigkeit und doch skulpturale Wirkung verleiht und die Individuen unter dem Stoff auf ästhetischer Ebene gleichschaltet. Diese Form der Einheitlichkeit findet sich auch in den gezeigten Posen selbst, die in tausenden Profilbildern adaptiert werden. In einem Künstlerbuch legt Olga Holzschuh ihr Recherchematerial offen. Sie erlaubt den Betrachtenden die Zusammenhänge zwischen den Bildern zu begreifen und ihre Forschungen nachzuvollziehen. like me verfolgt keinen moralischen Impetus, sondern es entstehen vielmehr Fragen im Kopf der Betrachtenden: Wohin führt die Nachahmung von Bildern, die in einer Tradition der Objektivierung von Weiblichkeit bei Frauen stehen? Und welche Dynamiken der Selbstkonstitution produzieren soziale Netzwerke?
Ann-Charlotte Günzel